Die Eisprinzen (Blades of Glory)

Drehbuch:
Jeff Cox, Craig Cox, John Altschuler und Dave Krinsky.
Regie:
Will Speck und Josh Gordon.
Produzenten:
Ben Stiller, Stuart Cornfeld, John Jacobs
Cast: Will Ferrell, Jon Heder, Craig T. Nelson,
Jenna Fischer, Amy Poehler, Will Arnett, William Fichtner.

Länge
: 93 Minuten FSK: ab 6

DVD, Soundtrack etc.: Die Eisprinzen

In der Sport/Buddy-Komödie Die Eisprinzen (Start: 10. Mai) spielt Will Ferrell (Schräger als Fiktion, Ricky Bobby) den Eiskunstläufer Chazz Michael Michaels, der von Sportreportern als "eislaufender Ledercasanova", "schlittschuhlaufender Schürzenjäger" oder schlicht "Sex-Tornado" bezeichnet wird. Chazz über Chazz: "Ich bin sexsüchtig. Es ist ein Fluch" - was ihn allerdings nicht davon abhält, zu einer Gruppentherapiesitzung zu gehen, um dort eine Leidensgenossin anzubaggern. Chazz ist ein Tier und weiß das auch - was man schon daran sieht, dass er zur Haarpflege "Schweif und Mähne" Pferdeshampoo benutzt, "für den Glanz".

Wer nun denkt, dass Ferrell sich den Speck ab- und Muskeln antrainiert hat, um im engen Glitzeranzug auf dem Eis gut auszusehen, der irrt. Doch trägt er in der Rolle des Chazz ein Selbstbewusstsein zur Schau, das seinesgleichen sucht. Nur mit einer absolut lächerlichen Langhaarperücke, einigen Tattoos und einem Handtuch bekleidet, sagt Bad Boy Chazz, ohne mit der Wimper zu zucken: "So sieht der Körper eines Eiskunstläufers aus" - und zieht noch nicht einmal seinen behaarten Bauch ein. Will Ferrell bringt eben das mit, was einen guten Comedian ausmacht: absolute Schamlosigkeit.

Zu lachen gibt es einiges - Slapstick-Szenen, witziger Dialog, die Berührungsängste, die Chazz gegenüber Jimmy an den Tag legt... Das Publikum war ständig am Kichern. Auch die Zicke, die zu Beginn der Sneak Preview verächtlich zu ihrem Begleiter meinte "O je, 'ne Ami-Komödie". Es hat dem Witz der Eisprinzen sicher keinen Abbruch getan, dass man sich von Toilettenhumor fernhielt. Auch hielten die Anzüglichkeiten sich durchaus von der Schmerzgrenze fern.

Am Anfang des Films steht Chazz ganz oben auf dem schmalen Siegertreppchen. Er hat sich mit seinen Leistungen bei den Olympischen Winterspielen 2002 eine Goldmedaille im Herren Einzel erkämpft. Nur dumm, dass er sich diese Ehre mit Jimmy MacElroy (John Heder, Napoleon Dynamite) teilen soll, der aussieht wie ein '80er Teeniebopper mit blonder Föhnfrisur und Zahnpastalächeln. Chazz schubst Jimmy vom Podest und das schockierte Publikum wird Zeuge einer Schlägerei, bei der sogar das Maskottchen Feuer fängt. Zur Strafe für ihr ungebührliches Benehmen wird beiden die Goldmedaille aberkannt und sie werden auf Lebenszeit vom Herren-Einzel Wettbewerb ausgeschlossen.

Die Langhaarperücken und knalligen Farben (Jimmy's Lieblingsfarbe: hellblau) verwundern ein wenig, so dass man sich für einen Moment vielleicht fragt, in welchem Jahr der Film denn angesiedelt sein soll. Antwort: im Jahr des Eiskunstlaufens 2002.

Flash forward: Dreieinhalb Jahre später ist Chazz dem Alkohol verfallen und arbeitet als Darsteller bei der Kindershow Grublets on Ice. Er ist derart heruntergekommen, dass er auf die Bemerkung "du riechst nach Urin" nur lapidar zurückfragt "arg doll?".

Jimmy, dessen ganzer Lebensinhalt das Eiskunstlaufen war, geht es auch nicht viel besser - er wurde von seinem vermögenden Vater kurzerhand "ent-adoptiert" und arbeitet recht erfolglos in einem Sportgeschäft als Verkäufer.

Es ist ironischerweise ein perverser Stalker (Nicky Swanson), der ganz aufgeregt Chazz die Lösung seines Problems präsentiert: eine andere Disziplin. Es gibt ja noch mehr Möglichkeiten beim Eiskunstlauf als nur Herren Einzel, zum Beispiel der Paarlauf.

Unter Zeidruck und aufgrund fehlender weiblicher Partner wird beschlossen, dass der eher schüchterne Jimmy und der Sex-Tornado sich zusammenraufen müssen.

Ihr Coach (Craig T. Nelson, im TV derzeit Montags als Chief in The District zu sehen) quartiert die beiden kurzerhand zusammen ein, Etagenbett inklusive. Damit das Männer-Paar überhaupt eine Chance auf den Sieg hat, studieren sie einen äußerst gefährlichen Move ein, der bisher schon einige Läufer im wahrsten Sinne des Wortes den Kopf kostete: den Eisernen Lotus. Das ruft die Konkurrenz auf den Plan.

Man fragt sich, ob Die Eisprinzen ein Spoof sein soll oder eine Hommage an die romantische Komödie The Cutting Edge (mit Moira Kelly und D. B. Sweeney in den Hauptrollen). Die Figuren sind sehr ähnlich angelegt und die Storylines haben viele Berührungspunkte. Wird's nun langweilig für die, die The Cutting Edge kennen? Ich finde, dass das eher noch mehr Spaß bringt, ist also 'ne zusätzliche Grins-Quelle.

Moment mal, eine romantische Komödie, sind die Eisprinzen am Ende schwul? Wie sagte einer der Teilnehmer, als er das Männer-Duo sah: "Als wäre Eiskunstlauf nicht schon schwul genug". Wer möchte, kann den Film sicher so interpretieren. Thelma und Louise ließ ja auch derartige Interpretationen zu. Es gibt übrigens eine Szene, die an T & L erinnert, aber das wäre hier ein Spoiler.

Überrascht hat der Umgang mit der Sexsucht-Thematik, der erstaunlich unglamourös war und fast realistisch zu nennen ist. Als der verwöhnte Jimmy von seiner harten Kindheit berichtet, meint Chazz nur mit einem Schulterzucken "ich war 9 und meine Freundin 35, wenn das 'ne harte Kindheit ist...."

Auch kann man über die Besetzung froh sein. Ben Stiller hat bei den Eisprinzen zum Glück nur als Produzent agiert. Heder hat neben Ferrell natürlich einen schweren Stand. Damit seine Figur nicht gänzlich im Hintergrund verschwindet, sehen wir zu Beginn des Films Szenen aus Jimmy's Kindheit (Citizen Kane lässt grüßen) und er bekommt auch eine romantische Storyline, die aber nach einiger Zeit von der Bildfläche verschwindet.

In den USA bekam der Streifen ein PG-13 rating - hier nur FSK 6. Eltern dürfen sich also darauf vorbereiten, ihren 6jährigen Kindern zu erklären was Sexsucht überhaupt ist, was genau Chazz über seine Tattoos erzählt hat usw. Vielleicht gucken Kinder ja nur und hören den ganzen Zweideutigkeiten nicht zu. Das wäre eine Erklärung für FSK 6.

Der Soundtrack zum Film enthält u. a. Let's Get It On (Marvin Gaye), Hot Blooded (Foreigner) und Rock You Like A Hurricane (Scorpions). Inzwischen sind auch die DVDs da: Die Eisprinzen

Die offizielle Die Eisprinzen website scheint einigen Leuten - zum Beispiel den Mitarbeitern von Yahoo! - verborgen geblieben zu sein. Wer auf den dort gelisteten "offizielle Eisprinzen website" Link klickt, der landet auf der recht simplen hellblauen Site einer Sportföderation. Zugegeben, hellblau ist Jimmy's erklärte Lieblingsfarbe, aber man muss sich trotzdem fragen, ob die Leute bei Yahoo so überarbeitet sind, dass sie stellenweise nicht mehr richtig sehen können.


Sneak preview gesehen: UCI, Berlin.

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